Flughafen Hamburg. Im Zubringer nach Frankfurt steigt die Unruhe. Kurz vor dem Start stellt die Lufthansa eine Delle am Flugzeug fest. Nichts Schlimmes wie sich bald zeigen wird, doch bis zu diesem Bald berät sich etwa ein halbes Dutzend Reisende lautstark über mehrere Sitzreihen hinweg. Es fallen Sätze wie “Dann soll die TUI uns halt auf den Direktflug von Hamburg nach Dubai umbuchen”. Jörg und ich schauen uns an und wissen: Das sind die mitreisenden Journalisten.
Wie jedes Jahr im Herbst hat die TUI Anfang November einen Charter mit Journalisten vollgeladen, um ihnen ihr Sommerprogramm fürs kommende Jahr zu präsentieren. Diesmal sollte es nach Dubai gehen – inklusive einer Neuerung: Zum ersten Mal wurden auch Reiseblogger eingeladen. Neun Plätze wurden für die neuen Kollegen freigemacht, fünf davon durfte unser Kollektiv belegen. Schon im Vorfeld hieß es von TUI-Seite: Man erwarte nicht, dass wir über die Präsentation berichten. Das sei schließlich nur wenig zielgruppenrelevant. Jau! Es gehe vorrangig darum, sich kennenzulernen, sich zu beschnuppern, zu schauen, ob und wie man in Zukunft zusammenarbeiten kann. Für uns ein toller, aus Sicht einiger klassischer Journalisten anscheinend ein unverständlicher Schritt – wie wir im Verlauf der Reise noch feststellen sollten… Journalist vs. Blogger?
Jörg und ich schalten uns in das Kabinengeschehen auf Hamburgs Rollfeld ein. Die Mittfünfzigerin neben mir: “Ach, dann seid ihr diese Blogger, oder?” Diese – kein schöner Artikel. Dabei meint sie es gar nicht böse. Sie weiß nur einfach nichts mit uns anzufangen. Geschweige denn, was wir so den ganzen Tag mit dem Internet anfangen. Doch das Eis ist schnell gebrochen, es wird klar: Die Mitarbeiterin der touristischen Fachzeitschrift fvw ist ernsthaft interessiert. Sie will es wirklich beigebracht bekommen, wer oder was Blogger sind.
“Moment”, sage ich. “Ich schick’ nur noch kurz einen Tweet an die anderen, dass wir uns verspäten.” Darauf sie: “Ha, ich weiß, was du machst – du twitterst!” Ich freue mich, dass sie sich freut, hebe meinen Daumen und denke “Gefällt mir”. Ich sag’s aber nicht. Man will ja nicht gleich alle Klischees bestätigen.
![Mit TUIfly nach Dubai / © Nina Hüpen-Bestendonk, Smaracuja.de](http://reiseblogger-kollektiv.com/wp-content/uploads/2012/11/dubai08.jpg)
Mit TUIfly nach Dubai / © Nina Hüpen-Bestendonk, Smaracuja.de
Der Flieger hebt ab, der Frau raucht schon bald der Kopf. Kann ich gut verstehen – wer blickt bei den ganzen sozialen Netzwerken schon noch durch?! Sie fragt: Was ist denn ein Hashtag? Wir trinken: Kaffee. Ich erkläre: Liken, Tweeten, Instagramen. Wir schauen aus dem Fenster: Landung in Frankfurt.
Nach dem Aussteigen verlieren wir uns aus den Augen, aber wir werden uns ja wiedersehen – in Dubai!
![Dubai aus dem getönten Busfenster / © Nina Hüpen-Bestendonk, Smaracuja.de](http://reiseblogger-kollektiv.com/wp-content/uploads/2012/11/dubai05.jpg)
Dubai aus dem getönten Busfenster / © Nina Hüpen-Bestendonk, Smaracuja.de
Zwei Tage und unzählige Eindrücke (aus dem Reisebus und von einem kochenden Seelenretter, von Jojo-Wettkönigen, einem 90er-Jahre-Segeltörn und der späten Erkenntnis, wirklich in der arabischen Welt zu sein) später sitzen wir alle gemeinsam, Journalisten und diese Blogger, in einem kühlen Konferenzraum und lauschen der TUI-Präsentation. Wir twittern über dieses und jenes und versehen alles mit dem Hashtag #TUIDubai13. Und dann plötzlich taucht zwischen unseren Beiträgen doch tatsächlich ein Tweet von der fvw auf – MIT Hashtag: “TUI: Der neue CEO Clemens über seine Ziele: Der Bericht auf fvw.de. #TUIDubai13″. Superklasse! Schnell gelernt, schnell geschaltet – wofür Flugverspätungen doch manchmal gut sein können.
![Ein Teil der Bloggercrew / © Angelika Schwaff, Ichweisswo.Blogspot.de](http://reiseblogger-kollektiv.com/wp-content/uploads/2012/11/dubai07.jpg)
Ein Teil der Bloggercrew / © Angelika Schwaff, Ichweisswo.Blogspot.de
In der Mittagspause gibt es weitere Annäherungen zwischen Journos und Bloggern. Angelika nimmt sich außerdem die Zeit, einer Kollegin aus dem Reisejournalismus zu erklären, was Blogger tun. Man scheint uns gegenüber aufgeschlossen zu sein – leider gilt dies nicht für alle.
Im weiteren Verlauf der Pressekonferenz bekommen die TUI-Sprecher auf der Bühne auch kritische besorgt klingende Fragen gestellt wie: “Werden Sie im nächsten Jahr NOCH mehr Blogger einladen?” Hört sich stark nach der Angst an, bei der nächsten Präsentation keinen Platz mehr abzubekommen. Und tatsächlich bestätigen mir einige Printkollegen im späteren Gespräch, dass es in der klassischen Schreiberriege eine steigende Bersorgnis gibt, wir könnten ihnen in Zukunft irgendetwas wegnehmen. Schade eigentlich, das ist doch gar nicht unser Ziel.
![Das Aquarium im Atlantis-Hotel / © Heike Kaufhold, Koeln-Format.de](http://reiseblogger-kollektiv.com/wp-content/uploads/2012/11/dubai04.jpg)
Das Aquarium im Atlantis-Hotel / © Heike Kaufhold, Koeln-Format.de
Die schönste Szene im Rahmen dieser Thematik trägt sich am Abend unseres Dinners im Atlantis-Hotel zu. Zusammen mit einer Gruppe Journalisten geht Nina die geschwungene Treppe des Hotels in Richtung Aquarium hinunter, als eine ältere Journalistin in die Runde fragt: “Darf man hier kurz stehenbleiben und ein Foto machen?” Daraufhin Nina scherzhaft: “Nein, das geht auf gar keinen Fall.” Die Frau erkundigt sich: “Sind Sie Blogger?” – “Ja, wieso?” – “Weil Sie so aggressiv sind.”
Offenbar gibt es wirklich noch einige Dinge zwischen Journalisten und Bloggern zu klären. Wir sind bereit für diesen Dialog und freuen uns, hier und da ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Nur eines können wir in diesem Leben nicht mehr werden: Aggroblogger. Die Domain ist bereits vergeben.
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